Cimarron libris
Bronsfeld ist der König
Ein poetisches
Verwirrspiel. In drei Bildern. Band 20
Charakterisierung einiger Personen
LISILLE Bronsfelds
Frau ist von zarter Gestalt, sie beherrscht liebenswürdige Gesten. Und sie weiß,
worüber sie reden kann — und schweigen sollte.
PRÄSIDENT Neben Hochwürden einer
der älteren Teilnehmer der Tafelrunde. Vielleicht war er früher tatsächlich
einmal Politiker, dessen Visionen unerfüllt geblieben sind.
HOCHWÜRDEN
Das Dogma des katholischen Glaubens hat ihn verdorben. Er ist ein eiskalter
Glaubensmensch. Man kann ihn nur bedauern, trotz seines unfreiwilligen Humors.
Der TOD Ein
Kerl, uralt, versucht, sein Leben zu begreifen. Das weiß getünchte Gesicht kann
niemanden erschrecken, es erweckt eher Mitleid. Oder sollte es uns wie ein
Alltagsgesicht erscheinen?
GISELA/GISELLE
Sie ist von ziemlich lockerer Art. Und doch erscheint sie dem Auge unglaublich
attraktiv. Zu ihren langen, wirren Haaren paßt alles Mögliche — darüber sollte
sie selber entscheiden.
Der DRUIDE
Ja, er trägt einen Bart wie die alten Druiden ihn getragen haben sollen. Sein
helles Kleid reicht vom Hals bis auf die Erde. Auf dem Rücken bewegt sich ein
Mäntelchen. Im übrigen ist er ein stiller Mensch, der Sehnsucht nach der
Ewigkeit empfindet.
Zum SCHLUSS
Ohne Zweifel, einige Personen verdienten eine bessere Präsentation ihres
Erscheinungsbildes. Dummerweise gelingt es uns nur selten, einen Menschen ganz
zu begreifen. Es gibt so viele Faktoren, die derartige Bemühungen im Sande
verlaufen lassen. Aber dafür gibt es ja die Bühne und die Kunst der Akteure, und
deren Bemühungen, der andere sein zu wollen, den sie mitunter sogar erreichen,
ohne sein Wesen kopieren zu müssen.
Szenen aus dem Verwirrspiel (Siehe auch den Textauszug im
Band 13: Briefe an Plinius in dieser Reihe!)
Bronsfeld
(zu den Männern): Daß sie Frauen rauben, war mir bekannt. Auch Vieh sollen sie
stehlen. Warum sie uns entführt haben, ist mir ein Rätsel.
Kalliopas (ein älterer, energisch wirkender
Mann): Ist dir bekannt, daß sie ohne Sprache sind?
Bronsfeld: Du meinst, sie können nicht reden?
Kalliopas: So ist es!
Eusemios: Aber hören können sie dafür umso
besser.
Kalliopas: Ja, fast so gut wie
ihre Hunde.
Bronsfeld: Wie kommt es,
daß Menschen nicht sprechen können? Sind sie sprachlos geboren worden?
Präsident: Ich
befürchte, daß die politische Anarchie von der kriminellen überholt wird.
Gisela: Flüchtet nicht schon aus den
Familien das Verständnis für ein sinnvolles Zusammenleben?!
Hochwürden: Scheiße! Schluß damit! Ketzer!
Ketzer!
Marcel: Bei aller
Freundschaft, Hochwürden, Sie sind ordinär – und phantasielos.
Hochwürden: Ich
kenne nur den Glauben! Wer glaubt, verliert nicht. Er liebt.
Druide: So lange, bis die Apokalypse
uns erreicht hat. - In der letzten Nacht, meine Freunde, hatte ich einen
eigenartigen Traum: Ich sah hinter der Sonne einen Stern, schwarz und kalt.
Verbrannt war das Grün seiner Täler. Vergessen das Lachen der Kinder. Tot.
Raumfahrer, die mir bei dem Ausflug ins All begegneten, sagten, vor undenkbaren
Zeiten hätte es Leben gegeben und Licht auf diesem Planeten hinter der Sonne.
Marcel: Bleibst du noch
lange in Freudenheim?
Druide: Nein, ich
verlasse euch bald. Ich will zurück ins All. Dort liegt eine unbegreifliche
Stille. Die Toten sind darüber erhaben. Aber (halblaut) vom Flügelschlag des
Falters lassen sie sich erschrecken. Flasche: Daran sind nur die
Intellektuellen schuld! Nicht wahr, Lagarto!
Flasche steht mit einer
Flasche in der Hand auf und geht zu der königlichen Runde.
Flasche: Sie demonstrieren, terrorisieren und
werfen Bomben, wenn sie nicht weiter wissen.
Lagarto: Meinst du mich, Flasche?
Bronsfeld: Er trinkt unseren Wein.
Präsident: Flasche, du warst Sozialarbeiter und Trinker. Alkohol solltest
du meiden.
Marcel:
Du bist ordinär, Giselle!
Gisela
(Marcel‘s Stimme nachäffend): Du bist ordinär, Giselle!
Gelächter der
übrigen. Die Weintrinker verhalten sich ruhig.
Gisela: Ich heiße Gisela, Marcel! Soll ich dir
meine Brust geben? Willst du die linke oder die rechte?
Sie knöpft
ihre Bluse auf und streckt ihre Brüste einem angewiderten Marcel auffordernd
entgegen. Zu ihrer Linken versucht ein Nachbar, nach einer ihrer Brüste zu
greifen. „Hände weg, du Stinktier!“ Sie wendet sich wieder Marcel zu.
Gisela: Na, Marcel, welche willst du
haben!?
Gisela geht um den Tisch herum zu Marcel. Dieser bleibt
ungerührt auf seinem Stuhl sitzen. Alle Augen sehen der Auseinandersetzung
gespannt zu. Gisela legt ihre Brüste auf Marcel‘s Schultern. Marcel zeigt ein
eigenartiges Lächeln, das mehr einem Grinsen ähnelt. Er mag keine Frauenbrust -
aus Prinzip.
Gisela dreht ihre Brüste zu Marcel‘s Gesicht. Dieser nuckelt
zum Schein an einer Brustwarze, dann „beißt“ er kräftig zu. Gisela schreit auf
und läuft zu Bronsfeld.
Gisela:
Meine Brust! Er hat meine Brust abgebissen, mein König! Marcel hat meine Brust
abgebissen!
Flasche:
Ich spreche nicht mit euch. Ich meine Lagarto, den Bombenwerfer.
Präsident: Lagarto wirft Bomben?! Was du nicht
sagst! Stimmt das, Lagarto?
Lagarto:
Natürlich! Flasche hat recht, ich bin der Bombenleger - mit Worten! Meine
Anschläge sollen das schlechte Gewissen zerreißen, die geistige Trägheit
zerfetzen, das Gold in den Safes der Reichen in Qualm auflösen! - Ich verstehe
mein Handwerk. Die Gleichgültigkeit zersiebe ich mit Salven aus meiner MP. Der
Ungerechtigkeit jage ich Dum-Dum-Geschosse in ihr ergrautes Gehirn. Auf die
Zentralen der Diktatoren werfe ich Phosphor-Bomben. Mein Arsenal an Waffen ist
unübersehbar. Ich bleibe dem Grundsatz treu: Nur mit Gewalt besiegst du die
Gewalt! Meine Verstecke sind in den Büchern. Meine Macht ist in den Worten. Ich
liebe ihre Schönheit und ihre Größe. Eins garantiere ich dir, Flasche, weitere
Anschläge werden folgen! Bist du zufrieden mit mir?
Flasche: Alles nur Rhetorik, Lagarto! Was
weißt du schon von der Wirklichkeit!
Band 20 |
Bronsfeld ist der König. |
Reihe |
Cimarron libris |
Auflage
in dieser Ausgabe |
99 Exemplare. Die ersten sieben
Exemplare bleiben beim Team. |
Text/handschriftl. Vermerke |
Gregori Latsch, Cimarron-Team |
Grafiken
im Druck |
Ralf Biskup, Cimarron-Team |
Gestaltung/Satz/Laserdruck |
Doris Hess, Cimarron-Team |
Heft-Format |
A5, von Hand gebunden. |
Heftumfang |
90 Seiten, davon 80 Seiten Text. |
Vorsatz/Druckpapier |
Unterschiedliche Büttenqualitäten,
Premium-Feinpapiere. |
Umschlag/Cover |
Büttenkarton unterschiedlicher
Stärke (160-200 g/m²), mit farbigem Titel und Text auf der Rückseite. |
Schutzumschlag mit Banderole |
Premium Transparentpapier,
eingeschlagen |
Sonstige
Hinweise |
Der Text zu dem Stück
entstand bereits Ende der 1980er Jahre in Frankfurt/M. Der Autor und das
Team haben ihn im Mai/Juni 2014 überarbeitet und versucht, ihn in eine
stringente Form zu bringen. Im Nachwort kommt G.L auf die
Vorgeschichte des Stückes zurück. Der poetische Zauber in den
Dialogen ist ohne Beispiel, ihr z.T. irrationaler Charakter irritierend.
Und doch werden die Protagonisten zu einer (gedanklichen) Wanderung
durch die Zeiten ermuntert, um nichts von jenem zu vergessen, was das
Sein so hergibt. |
Preis |
Je Heft 49,90 € incl. Mwst. und
freie Zusendung innerhalb Deutschlands. |
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