Cimarron libris
Der Gorilla läßt bitten
TypenKarussell
Band III - Cimarron libris
Was
steckt nur in dem Kerl, das ihn vergessen läßt, wer er wirklich ist! Und warum
schmeichelt er diesem oder jenem, tritt ihm ganz nahe, zupft ihn am Mantel,
sagt, daß er der Beste sei, lacht über faule Witze sich die Hucke voll, und
fordert, daß alle still sein sollen, wenn Herr Irgendwer sprechen will, auch
wenn er nichts zu sagen hat; wie wahnsinnig klatscht er dazu Beifall. Wie leicht
man sich erniedrigen kann - nur um wahrgenommen zu werden?
Aus: Der Schmeichler
Die Vorfreude auf ein gutes Essen kann ihn um den
Verstand bringen. Wenn er weiß, was ihn erwartet, Zutaten und Kochkünste
übereinstimmen, zittert er mitunter am ganzen Leib, besonders die Magenregion
reagiert mit einer Unruhe, die von dem Gefühl der Sehnsucht angetrieben wird.
Vielleicht ähnelt das große Menü auch dem Zauber einer schönen Frau, die weiß,
welche verhängnisvolle Macht von ihr ausgeht.
Aus: Vom Schlemmer
Seine Grundstimmung kann heiter, ernst oder traurig
sein, aus jeder Gemütslage windet er sich geschickt heraus - und paßt sich der
jeweiligen Lebenssituation an. Ist er ein Schlangenmensch, der still überall
herumkriecht und immer ein gutes Bett für die Nacht findet? Ich bewundere ihn!
Er bleibt sich gleich, hat immer ein gutes Wort übrig für diesen oder jenen, und
wenn man ehrlich sein soll, könnte man ihm die besten Absichten unterstellen.
Aus: Der Anpassungsfähige
Du
folgst der Aufforderung zu einem Gespräch mit ihm unter vier Augen. Du erwartest
einen Partner - und triffst auf einen Gorilla. Was für ein Jammer! Deine Augen
täuschen dich nicht, auch nicht die übrigen Sinne; vor dir sitzt ein
zähnefletschendes Ungeheuer, das deine Sprache beherrscht - und mißbraucht, so
kommt es dir vor. Du läßt die Attacken der Vorwürfe über dich ergehen,
bildest dir ein, das müßte mal ein Ende haben, und suchst verbissen nach einem
freundlichen Wort, nach einer Geste der Aufmunterung, nach der du dich ein Leben
lang gesehnt hast, wofür du lange Jahre an dir und an der Erweiterung deines
Wissens gearbeitet hast - alles umsonst! Und dann erinnerst du dich an die
frühen Tage der Evolution, ein zaghaftes Lächeln legt sich um deine Mundwinkel,
dein Gegenüber ist tatsächlich zurückgefallen in eine unendlich ferne Zeit...
Aus: Der Gorilla läßt bitten
Er kann Furcht und Schrecken
verbreiten. Seine Reden ähneln mitunter Prophezeiungen, vor denen man sich am
liebsten die Ohren zuhalten möchte. Als ich ihn das erste Mal traf, an einem
Teestand in unserer Stadt, überraschte mich seine spontane Art: „Ich glaube an
die Macht der Phantasie. Sie ist unsere größte Hoffnung. Wir müssen sorgfältiger
mit ihr umgehen. Und vor allem, wir müssen fest an sie glauben. Sie ist stärker
als der Glaube an einen...“ Er bemerkte mein Lächeln und stutzte. „Also gut,
lassen wir die Religion aus dem Spiel.“ Damit war ich einverstanden. Er war
eine Plaudertasche, sein Mundwerk ließ sich kaum zügeln. „Was glaubst du denn“,
meinte er großzügig, „woher die Menschen ihre Hoffnung nehmen zu überleben?“ Ich
stellte mich arglos. „Sie glauben an die Macht der menschlichen Phantasie.“ Das
ist ein vernünftiger Gedanke, sagte ich mir, und er ist einleuchtend. Er fuhr
fort. „Die wenigsten wagen es, weiterzudenken...“ Seine Stimme wurde leiser. „Im
Vertrauen, wir sind zu viele Menschen, das wird uns zu schaffen machen. Denk
einmal zurück, vor zwei-, dreitausend Jahren, da waren die Kontinente fast noch
leer von Menschen. Mit der Phantasie konntest du im kleinen Rahmen Wunder
bewirken. Die Menschen glaubten daran.“ Er wurde nachdenklich. „Eine schöne
Zeit.“ Ich erinnerte an die Macht der Medien. „Ja, da sprichst du die
richtige Stelle an! Es ist das Internet und das Fernsehen, das oft genug falsche
Signale sendet; sie verpassen beide ihre große Chance, mit Phantasie die Leute
zu überzeugen. Stattdessen langweilen sie uns. Sie schwätzen und schwätzen.“
Aus: Ein Phantast
Weitere Textbeispiele siehe unter dem gleichen Titel
bei Band 1 Cimarron bibliophil.
Band III |
Der Gorilla läßt
bitten Ein TypenKarussell, das in seiner Art ohne Beispiel
ist. |
Reihe |
Cimarron libris (2. Staffel, röm. Numerierung) |
Auflage |
99 Exemplare. Die ersen sieben Ausgaben bleiben
beim Team. |
Text/handschriftliche
Vermerke |
Gregori Latsch, Cimarron-Team |
Grafiken im Druck |
Ralf Biskup, Cimarron-Team |
Gestaltung/Satz/Laserdruck |
Doris Hess, Cimarron-Team |
Heftformat |
A5, von Hand gebunden. |
Heftumfang |
Ca. 88 Seiten, davon ca. 72 Seiten Text. |
Umschlag/Cover |
Schwerer Bütten-Karton bzw. Farbkarton (160
g/m²), mit farbigem Titelbild und Textauszug auf der Rückseite des
Einbandes. |
Druckpapier |
Bütten- und/oder Feinpapiere diverser Art. |
Schutzumschlag/Banderole |
Premium-Transparentpapier, eingeschlagen, mit
Banderole aus dem gleichen Material. |
Besonderheiten |
1. Hommage á
Theoprast: Acht von G.L. satirisch kurzgefaßten Fassungen der alten
griechischen Charaktere. 2.
Ausführlicher Bericht über die Entstehung der 37 zeitgemäßen
Charakterbilder (TypenKarussell) des Autors, unter Einbeziehung eines
großen Gedankens des Römers M. Tullius Cicero. |
Preis |
Je Heft 39,90 Euro incl. Mwst. und freie
Zusendung innerhalb Deutschlands |
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